
Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung hat zusammen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit im Mai 2017 die Smart City Charta – Digitale Transformation in den Kommunen nachhaltig gestalten herausgegeben.
smart-city-charta-dlIn einem Dialogprozess mit Vertretenden des Bundes, der Länder, der Kommunen und der kommunalen Spitzenverbände, der Wirtschafts- und Sozialverbände wurden folgende zentrale Leitlinien und Handlungsempfehlungen entwickelt:
Digitale Transformation braucht Ziele, Strategien und Strukturen
- Die Smart City erweitert das Instrumentarium der nachhaltigen und integrierten Stadtentwicklung um eine technische Komponente. Kommunen sollen die Digitalisierung dazu nutzen, ihre Stadtentwicklung sozial verträglich, gerecht, energie- und ressourceneffizient zu gestalten.
- Kommunen sollen frühzeitig strategische Handlungsfelder der Smart City für sich identifizieren.
- Die Steuerung des Digitalisierungsprozesses sollte organisatorisch festgelegt sein: Es sollten kooperative Strukturen mit klaren Rollen, Ressourcen und Kompetenzen geschaffen werden. Hierfür bedarf es einen klaren Auftrag der politisch verantwortlichen Gremien.
Digitale Transformation braucht Transparenz, Teilhabe und Mitgestaltung
- Transparenz und Demokratie stärken durch aktive Kommunikation politischer Entscheidungen. Digitale Prozesse zur Einbeziehung der Zivilbevölkerung in Entscheidungsprozesse nutzen.
- Digitale Teilhabe, Integration und Inklusion sichern: Digitalisierung darf nicht zum Ausschluss Einzelner oder ganzer Bevölkerungsgruppen führen.
- Mitgestaltung fördern durch zielgruppenorientierte Gestaltung digitaler Technologien.
Digitale Transformation braucht Infrastrukturen, Daten und Dienstleistungen
- Zugang zu digitalen Infrastrukturen schaffen und sicherstellen und klare Regelungen für Schnittstellen und Zuständigkeiten bei der Vernetzung von Infrastrukturen, Daten und Diensten.
- Daten verantwortungsvoll generieren, Datenhoheit behalten. Regelmäßige Prüfung der Rolle als Datenproduzent, -bereitsteller oder -verwerter.
- Dauerhafte Funktionsfähigkeit vernetzter Infrastrukturen und kommunaler Dienstleistungen sichern durch reversible und abwärtskompatible sowie mit offenen Schnittstellen ausgestattete Technologien und Anwendungen. Ganzheitliche Sicherheitsmaßnahmen einfordern, umsetzen und aktualisieren.
Digitale Transformation braucht Ressourcen, Kompetenzen und Kooperation
- Notwendige Ressourcen in der Kommunalverwaltung und in kommunalen Unternehmen bereitstellen.
- Digitale Kompetenzen entwickeln, lebenslanges Lernen fördern.
- Kooperationen mit Wirtschaft und Wissenschaft ausbauen, Innovationsräume schaffen, lokale Wissens- und Wertschöpfung stärken. Lokale Sharing-Ansätze, neue Nachbarschaftsforen und nachhaltige Geschäftsmodelle, die zu einer ressourceneffizienteren und CO2-freien Wirtschaft beitragen, stärken. Förderung der Kreislaufwirtschaft sowie das gemeinsame Nutzen oder Wiederverwerten von Materialien.
Darüber hinaus wendet sich die Smart City Charta mit folgenden Empfehlungen an die Kommunen:
- Smart-City-Strategien aufsetzen und gesellschaftliche Debatte dazu führen
- Digitale und analoge Beteiligungsprozesse verzahnen
- Bedarfs-, Risiko- und Wirkungsanalyse durchführen: Vor der Investition in neue Projekte führen Kommunen zunächst eine Bestandsaufnahme durch, definieren ihre Ziele und identifizieren den bedarf.
- Möglichkeiten für Co-Creation in der Stadtentwicklung ausbauen, lokale Wirtschaft und Quartiere stärken
- Geeigneten regulatorischen Rahmen schaffen durch Verbesserung der Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen und durch Prüfung regulatorischer Ausnahmen insbesondere vom Vergabe- und Gemeindewirtschaftsrecht.
- Smart-City-Lösungen pilotieren.
- Freie Nutzung von Daten (Open Data) abwägen und weitgehend ermöglichen (nach Abwägung im Einzelfall und unter Beachtung des Datenschutzes).
- Aktivitäten zur digitalen Transformation als Qualitätsmerkmal kommunizieren.
- Bedarfsgerechte Finanzierung zur Gestaltung der digitalen Transformation sicherstellen.
- Technisch notwendige Standardisierung vorantreiben und Nutzer enger einbinden.
- Räumliche und Sektor-übergreifende Auswirkungen begleiten.
- Erfahrungsaustausch und Kooperationen zwischen Kommunen sowie Kompetenzaufbau fördern.
In mehreren Dialoggruppen wurden Thesen zu den Themenbereichen Big Data, lokale Wirtschaft, Governance sowie digitale Integration und Inklusion formuliert, worauf an dieser Stelle verwiesen wird.
Die Smart City Charta umschreibt die wesentlichen Merkmale einer smarten Stadt und fasst die Grundprinzipien der Smart City zusammen. Sie gibt den Kommunen kein fertiges Konzept, um den Weg in eine digital angereicherte Zukunft zu beschreiten, sondern steckt den Rahmen ab, der von der jeweiligen Stadt oder Gemeinde auf der Grundlage der örtlichen Verhältnisse und der örtlichen Bedürfnisse ausgefüllt werden muss. Die Smart City Charta mach den Kommunen aber auch Mut, weil an mehreren Stellen deutlich wird, dass dieser Transformationsprozess nicht neu ist und im eigentlichen Wortsinne eines Wandels oder einer Umformung der Stadtgestaltung und der Stadtgesellschaft sogar zu weit geht. Im Kern geht es darum, die altbekannte nachhaltige und integrierte Stadtentwicklung um eine technische Komponente zu erweitern und diese technische Komponente im Sinne einer neuen Chance dazu zu nutzen, die Aufgabenerfüllung noch effizienter und noch attraktiver zu gestalten oder erkannte Defizite zu reduzieren.