Open Government Tag 2019 der Landeshauptstadt München

Beeindruckende Eindrücke #ogtm19

#ogtm19

In seiner 7. Auflage hat sich der Open Government Tag zu einer festen Größe in der Veranstaltungslandschaft des öffentlichen Dienstes in München etabliert. Mehr als 200 Vertreterinnen und Vertreter aus Behörden, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung sowie der Politik, sprechen hier gemeinsam mit Münchner Bürgerinnen und Bürgern über Ideen und Strategien einer offenen, digitalen und innovativen Verwaltung.

Eine Vielzahl von Informationen wurde den Teilnehmenden – natürlich digital – über eine WebApp zur Verfügung gestellt.

Eine Berichterstattung der Landeshauptstadt München finden Sie auf muenchen.digital unter folgendem Link.

In diesem Jahr geht es besonders um das Zusammenspiel von Gesellschaft und Digitalisierung, um die Veränderung unserer Kommunikation und auch gezielt um die Gestaltung unserer Zukunft. Denn bei all den Möglichkeiten, die uns die digitale Transformation durch neue Medien, Tools und Technik bietet, dürfen wir den Menschen nicht aus dem Fokus verlieren.

(Thomas Bönig, CDO der Landeshauptstadt München)

Wolfgang Glock und Thomas Bönig

Der CDO der Landeshauptstadt München, Thomas Bönig, stellte das Ziel der Digitalisierung voran: München. Digital. Erleben. – Das soll nicht nur eine Floskel sein:

Wir machen Digitalisierung, damit es den Menschen in München noch besser geht. Wir wollen auf Augenhöhe mit den Bürgerinnen und Bürgern sein und in den Kanälen präsent sein, die von den Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden. Es geht uns nicht darum, neue IT, sondern darum, neue Werte zu definieren.

Und tatsächlich ist die Landeshauptstadt schon auf vielen Kanälen unterwegs, auf Blogs (muenchen.digital), twitter, instagram oder youtube.

Ein Digitalisierungsradar mit interaktiven 3D-Modellen über Pläne und Vorhaben der Landeshauptstadt steht kurz vor der Live-Schaltung. Anstelle langer Texte sollen Bürgerinnen und Bürger hautnah und live die Vorhaben der Stadt begleiten können.

Wer Technik anbietet, muss das Problem kennen, das er damit lösen will

(Prof. Dr. Armin Nassehi, Institut für Soziologie an der LMU)

Prof. Dr. Armin Nassehi

Prof. Nassehi beschreibt zu Beginn seines Vortrags die Schwierigkeiten eines jeden Transformationsprozesses, indem er das Zitat „Es gibt nirgendwo so viele Grenzen in den Köpfen wie bei den Menschen“ aufgreift und sogleich konkretisiert: Es gebe tatsächlich die meisten Grenzen in den Köpfen derer, die die Dinge mitentwerfen. Auf der einen Seite gebe es unglaubliche Energien, Dinge zu implementieren, Innovationen zu schaffen.  Am Ende werden wir dadurch langsamer, dass wir in sehr gewohnten Bahnen denken und es unglaublich schwer fällt, sowohl Verhalten als auch Strukturen zu ändern. Strukturen von Gesellschaften seien träger und stabiler als man denkt. Es gebe Strukturen, die wahnsinnig stabil sind und es gebe radikale Veränderungen. Bei der Digitalisierung kommen diese Pole aneinander.

Die Digitalisierung wird sich erst durchgesetzt haben, wenn nirgendwo mehr digital drauf steht. Digitalstrategien braucht man solange, bis man es nicht mehr digital nennen muss

 

Digitalisierung befinde sich auf dem Siegeszug. Es sei gerade die gesellschaftliche Komplexität selbst, die eine digitale Gesellschaft ermögliche. Digitale Denkweisen seien bereits im 19. Jahrhundert, vor allem in den Städten Europas entstanden. Diese Städte haben begonnen, statistische, quantifizierbare Planungen zu machen. Das Wissen, wie sich soziale Systeme wahrscheinlich verhalten werden, war und ist Grundlage für Wirtschafts-, Stadt- oder Quartiersplanung. Digitales Denken sei die Evolution anfänglich statistischen Denkens.  Digitaltechnik könne Muster erkennen, einzelne Informationen zusammenführen und dadurch einen Mehrwert generieren. Dabei handele es sich bei der Digitalisierung – wie bei der Schrift – um ein sehr einfaches Medium, um eine Technik, die, weil sie so simpel sei, auf fast alles anwendbar sei. Gleichzeitig sei Digitalisierung ungleich mehr rekombinierbar als die Schrift. Dadurch würden Grenzkosten neu geregelt.

Technik dürfe nicht als Gegensatz zur Humanität betrachtet werden. Es waren immer Menschen, die Techniken hervorgebracht haben. Technik hat menschlichen Ursprung. Auch funktioniere die Unterscheidung Technik und Kultur nicht, denn es seien immer Kulturen gewesen, die Technik hervorgebracht haben und sodann dadurch beeinflusst wurden. Gleiches gelte für Technik und Natur, da sich Technik Naturgesetze bediene.  Vielmehr zeichne sich Technik dadurch aus, dass sie auf Konsenzwänge verzichte, wenn sie funktioniere – man müsse die Technik nicht bitten, etwas zu machen.

Technik funktioniere dann, wenn man sich nicht mit ihr beschäftigen muss.

Menschen benutzen seit jeher Technik, oft, ohne dies überhaupt wahrzunehmen, beispielsweise auf dem Weg durch München. Sogar menschliche Verhaltensweisen würden technisiert.  Die wesentliche Eigenschaft von Technik sei, dass sie funktioniere, wiederholbar sei und generalisiert werden könne. Bereits heute habe man ein Stadium erreicht, in dem die Technik weitestgehend funktioniere. Nun müsse man sich die Frage stellen, was uns eigentlich nützt. Die Verwaltung muss sich fragen, welche Dinge digitalisiert werden sollen und welche nicht. Im Vordergrund stehe dabei zu wissen, welches Problem gelöst werden soll.

Wir müssen als Verwaltung viel stärker kommunizieren.

(Thomas Bönig, CDO der Landeshauptstadt München)

Die beste Kommunikation geht ins Leere, wenn sie die Adressaten nicht erreicht, wenn der Sender andere Kanäle benutzt als der Empfänger.

Vergessen Sie Pressemitteilungen und Facebook.

(Martin Fuchs, Politikberater, Blogger, Speaker)

Martin Fuchs

Wie erreichen wir tatsächlich Bürgerinnen und Bürger in Zeiten von Fakenews und Social Media? Martin Fuchs schaut sprichwörtlich in die Glaskugel. Denn Vieles ist im Fluss und ständiger Änderungen unterworfen. Zwar sind TV und Radio nach wie vor die wichtigsten Informationsmedien, dahinter holt aber Social Media im Eiltempo auf. Die DNA sozialer Medien sei eine gänzlich andere. Es gehe nicht um die Technik. Der Erfolg sozialer Medien, der Erfolg von Rezo gründe auf Respekt, Transparenz und Vertrauen, das über Jahre aufgebaut wurde. Vertrauen, worauf Politik und Verwaltung in höchstem Maße angewiesen sind. Soziale Medien bieten die beste Plattform, Vertrauen aufzubauen. Dafür müssen die Codes der sozialen Medien verstanden werden.

Die Verwaltung muss lernen, Kontrollverlust zuzulassen. Kontrollverlust ist systemimmanent.

(Martin Fuchs)

Städte müssen Präsenz zeigen. Facebook reicht lang nicht mehr aus. Es gehe aber nicht darum, jede Plattform zu bedienen, aber eine Plattform zu finden, auf der man sich wohl fühlt, die Ressourcen und das Know-how zur Verfügung stehen. „Wilke hautnah“, ein Podcast des Oberbürgermeisters der Stadt Frankfurt an der Oder,  oder Instagram-Stories, wie die der Landtagsabgeordneten Aminata Touré , seien aktuell Beispiele guter Kommunikation.

Neue Trends müssen beobachtet werden. Ein statistisch klarer, aber in der öffentlichen Debatte kaum diskutierter Trend sei die „Messengerisierung„. Das gesellschaftliche Leben werde sich stark vom öffentlichen Bereich oder vom öffentlich sichtbaren Bereich, wie auch bei Facebook, in einen geschlossenen Bereich, in dem Texte nur Sender und Empfänger bekannt sind, verlagern. Politik und Verwaltung müssen auch da sein, weil sich Menschen dort austauschen, diskutieren und organisieren. Durch Alexa und co. sei eine Audiorevolution bereits eingeleitet. Smart speaker machen nicht nur Wohnungen smarter, sie verändern auch die Informationsgewinnung. Bereits google filtert und sortiert Ergebnisse von Anfragen. Wahrgenommen würden regelmäßig die in der ersten Seite dargestellten zehn Fundstellen. Smart speaker geben keine zehn Antworten, sondern zeigen ein Ergebnis. Wie schafft es Politik und Verwaltung, dieses eine Ergebnis zu sein?

Die Taktung der Veränderung hat sich sehr verdichtet. Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Verwaltung ändern sich rasch. Sie erwarten nicht von uns, Amazon zu sein, aber auch nicht Verwaltung 1.0 – oder gar 0.5.

(Robin Heilig, Co-Leiter von PACE, dem digitalen Innovationsteam der Stadt Wien)

Robin Heilig, Stadt Wien

 

Robin Heilig leitet PACE, das Start-up in der Stadt Wien außerhalb der Regelverwaltung. In dem schlagkräftigen und flexiblen Team um Heilig werden neue Dienste entwickelt und erprobt. beispielsweise die App Sag´s Wien – Die App für Ihre Anliegen an die Stadt.  Wenn sich die Welt neu erfinde, müsse auch die Verwaltung dabei sein. Das kann sogar völlig neue Organisationsformen bedingen.

Es gibt keine Transformation im Außen OHNE Transformation im Innern.

Die Wiener Stadtverwaltung ging in vieler Hinsicht neue Wege bei der Digitalisierung. Die Digitale Agenda der Stadt Wien wurde nicht von den zehn „Verwaltungsheros“ geschrieben. Vielmehr wurden die Bürgerinnen und Bürger gefragt: Was braucht Ihr? Menschen wurden gefragt, wie die Verwaltung ihre Arbeit machen soll, damit die Menschen zufrieden sind. Dieses Vorgehen sei für die Verwaltung völlig ungewohnt: Die Befragung der Bürgerinnen und Bürger nicht als lästige Aufgabe zu betrachten, „vielmehr habe es jede und jeder Teilnehmende verdient, mit Namen begrüßt und mit Dank überhäuft zu werden, dafür, dass sie unsere Arbeit übernehmen“. Digitale Transformation bedeute, Arbeitsweisen neu zu denken, Organisation neu zu denken und Kommunikation neu zu denken.

Digitalisierung ≠ Technik

Technik = Enabler/Disabler

Digitalisierung = Mensch

Die öffentliche Verwaltung darf nicht in Silos denken. Sie muss interdisziplinär sein. Sie muss sich mit anderen Providern vernetzen. Dazu gehören auch private Dienstleister, Versicherungen und Banken, um alle Lebenslagen der Bürgerinnen und Bürger begleiten zu können.

Kooperationen müssen einmal begonnen werden, auch wenn der Erfolg nicht gleich zu beginn sichtbar wird, bekräftigt Heilig. Der Austausch von Expertise und Services schont Ressourcen. Digitalisierung im eigenen Saft funktioniert nicht. Dafür sei sie viel zu komplex. Selbst Millionenstädte wie München und Wien brauchen Kooperationen. Ein Ratschlag, den München und Wien durch ihren seit langer Zeit bestehenden Austausch befolgen und auch der neu initiierten Städtekooperation von München, Nürnberg, Augsburg und vielleicht bald Regensburg zugrunde liegt.

Folgen Sie der weiteren Berichterstattung der verschiedenen Medien der Landeshauptstadt München, insbesondere auf muenchen.digital 
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