
Kommunikation, Partizipation und Transparenz sind wesentliche Eckpfeiler einer smarten Stadt. Denn Digitalisierung verfolgt keinen Selbstzweck, sondern dient den Menschen.
Wir machen Digitalisierung, damit es den Menschen in München noch besser geht.
(Thomas Bönig, CDO der Landeshauptstadt München)
Indem kommunalpolitische Entscheidungen und Verwaltungshandeln transparenter gemacht werden, wird eine scheinbare oder mancherorts gefühlte Distanz zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der sie repräsentierenden (Kommunal)Politik abgebaut, Vertrauen in das politische und Verwaltungshandeln aufgebaut und gestärkt. Digitale Werkzeuge bieten Möglichkeiten, nahe an der kommunalpolitischen Willensbildung zu sein, beispielsweise durch Livestreams aus dem Rathaus in Pfaffenhofen an der Ilm, in Bayreuth oder München. Zwar fanden politische Entscheidungen in der analogen Zeit auch nicht im Verborgenen statt, vielmehr war und ist der Öffentlichkeitsgrundsatz ein wesentliches Prinzip des Kommunalrechts. Dennoch ermöglichen ergänzende digitale Angebote einer breiteren Öffentlichkeit den Zugang zur Kommunalpolitik oder geben besonders internetaffinen Personen einen Anreiz, sich mit Kommunalpolitik zu befassen.
Aber auch umgekehrt ist es für die besonders bürgernahe Kommunalpolitik unerlässlich, Stimmungen der Stadtbevölkerung frühzeitig aufzunehmen.
Wir schauen immer noch viel zu viel in die Zeitung. Entscheidend ist oft: Was passiert im Netz?
(Altoberbürgermeister Dr. Ulrich Maly)
Printmedien sind nach wie vor ein wichtiges Kommunikationsmedium. Dennoch erreichen Zeitungen, Funk und Fernsehen längst nicht mehr alle Teile der Bürgerinnen und Bürger. Social Media und Messengerdienste holen in Eiltempo auf die klassischen Informationsmedien auf und erreichen einen inzwischen breiten Personenkreis. Viele Jugendliche nutzen redaktionell aufgearbeitete Medien kaum oder gar nicht mehr zur Informationsgewinnung und zum Austausch.
Wir wollen auf Augenhöhe mit den Bürgerinnen und Bürgern sein und in den Kanälen präsent sein, die von den Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden.
(Thomas Bönig, CDO der Landeshauptstadt München)
Trotz oder gerade wegen des fehlenden redaktionellen Gehalts digitaler Netzwerke genießen diese Medien von diesen Personenkreis ein größeres Vertrauen als viele klassische Medien.
Wenn kommunale Entscheider keinen Zugang zu diesen Medien finden und darin keine Rolle spielen, gehen wichtige Meinungen, Positionen und Wissen über Lebensweisen eines bestimmten Personenkreises verloren. Viele Kommunalpolitiker sind als Amtsträger persönlich oder in offiziellen Auftritten der Stadt in verschiedensten Netzwerken aktiv. Beliebt sind Twitter, Facebook oder Instagram. Oft ist es nicht einfach, den Anschluss zu halten. Denn zu dem Zeitpunkt, als diese Medien von der Politik entdeckt werden, haben sich die darin erhofften Personen längst auf neue Plattformen verlagert. Auch ist die Kommunikation in sozialen Medien eine andere. Bestimmte Stimmungen und Strömungen mögen hier den Anschein einer stärkeren Gewichtung erwecken oder im Schutze der Anonymität Ausdruck persönlicher Verärgerung sein. Und dennoch ergibt erst die Kenntnis des heterogenen Meinungsbildes in sozialen Netzwerken ein vollständiges Bild der Lebensweisen, Bedürfnisse, Sorgen und Ängste der Stadtbevölkerung.
Digitale Werkzeuge geben der Kommunalpolitik aber noch mehr: Jedes Handeln der Kommunalpolitik gilt dem Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Neue Kindergärten werden gebaut, um die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen. Neue Wohnungen werden geplant, um den Wohnbedarf der Bevölkerung zu decken. Neue digitale Anwendungen werden implementiert, um den Bürgerinnen und Bürgern Verwaltungsverfahren zu erleichtern, die Mobilität in der Stadt zu verbessern oder besser über Entwicklungen in der Stadt informiert zu sein.
Digitale Instrumente können Demokratie verbessern, indem die Öffentlichkeit zu bestimmten Fragen auch virtuell beteiligt wird. In den Städten bestehen bereits einige Testfelder.
(Altoberbürgermeister Dr. Ulrich Maly)
Akzeptanz lebt von Beteiligung: Ein positives „Digitalisierungsklima“ in der Stadt kann nur durch die frühzeitige Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger als spätere Nutzer/-innen erreicht werden.
(Karin Engelhardt, Stadt Coburg)
Eine frühzeitige Miteinbeziehung betroffener Bürgerinnen und Bürger erhöht nicht nur die Akzeptanz der späteren Entscheidung – wenn sie nicht nur zum Abhaken eines gesetzlich vorgegebenen Verfahrensschritts erfolgt –, sondern stellt auch sicher, dass politische Entscheidungen nicht am Bedarf der späteren Nutzer vorbeigehen. Die analoge Welt kennt viele Beteiligungsverfahren. Viele davon sind in Fachgesetzen geregelt und verpflichtendes Element eines Genehmigungsverfahrens, beispielsweise die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen einer Bauleitplanaufstellung. Einige Verfahren sind losgelöst von konkreten Projekten und stellen die gegenseitige Information der Stadtverwaltung und der Bürgerschaft sicher, beispielsweise Bürgerversammlungen, die die Erörterung örtlicher Angelegenheiten zum Gegenstand haben. Einzelne Beteiligungsverfahren geben den Bürgerinnen und Bürgern selbst die Möglichkeit, konkrete Entscheidungen herbeizuführen, beispielsweise Bürgerbegehren und Bürgerentscheid.
Die Digitalisierung bietet Werkzeuge, diese analogen Verfahren zu ergänzen, zu verbessern und auszuweiten, indem neue Personengruppen erreicht werden. Sie kann einem breiteren Personenkreis eine niederschwellige Art und Weise der Beteiligung an kommunalen Entscheidungsprozessen ermöglichen. Oftmals zeigt sich in den klassischen Formaten der Bürgerbeteiligung, dass Präsenzveranstaltungen oder der Gang zum Rathaus für viele, von der konkreten Maßnahme nicht unmittelbar betroffenen Personen zu große Hürden sind, um sich in die Meinungsbildung einzubringen. Konsequenz ist, dass Beteiligungsverfahren mancherorts nur von kleineren Gruppen unmittelbar Betroffener lautstark wahrgenommen werden, die versuchen, sich den Anschein der Mehrheit zu geben. Die Interessen der überwiegenden Mehrheit der Stadtbevölkerung finden in diesen Fällen medial kein Gehör.
Nicht selten erfolgen Bürgerbeteiligungsverfahren aber auch zu einem Zeitpunkt, in dem wegbereitende Entscheidungen und Maßnahmen bereits getroffen wurden. Meinungen, Ängste und Sorgen betroffener Bürgerinnen und Bürger mögen dann eher als störend betrachtet werden. Bürgerinnen und Bürger werden ungewollt in eine Abwehrposition gedrängt. Nicht selten gründen sich Bürgerinitiativen, die ihre Ablehnung gegen Projekte und Maßnahmen zum Ausdruck bringen.
In einem Austausch der Geschäftsführung des Bayerischen Städtetags mit der Kommunikationsagentur heller & partner ging es gerade darum, digitale Instrumente proaktiv einzusetzen, bestimmte Themen, Vorhaben und Projekte frühzeitig positiv zu besetzen, indem Bürgerinnen und Bürger frühzeitig informiert und miteinbezogen werden.
Bürger wollen gefragt, wollen beteiligt sein. Bei jedem Vorhaben.
(Prof. Dr. Stephan Heller, heller & partner Marketing Services AG)
Mit der Internetplattform publicDialogue hat das Tochterunternehmen VALyou ein digitales, interaktives Tool auf den Markt gebracht, das in allen Stufen der Bürgerbeteiligung ergänzend zu den bestehenden Verfahren eine schnelle, einfache und sichere Teilnahme ermöglichen soll.
Transparenz, Kommunikation und Partizipation sind wesentliche Eckpfeiler einer smart city und wichtige Elemente einer modernen Stadt. Dies soll aber nicht dahingehend missverstanden werden, dass Entscheidungen nicht mehr vom Stadtrat getroffen werden müssten. Die repräsentative Qualität eines Stadtrats, der nach kompliziertem Verfahren panaschiert und kumuliert wird, sollte nicht unterschätzt werden. Dieses große Maß an Repräsentativität eines Stadtrats und der hohe Informationsstandard eines gewählten Gremiums lassen sich wohl kaum mit anderen Mitteln der direkten Volksbefragung oder digitaler Betätigungsformate so dauerhaft feststellen. Die repräsentative Demokratie hat ihre Stärken: Sie bildet ein festes Rückgrat für die Handlungsfähigkeit und das Funktionieren der Städte und Gemeinden.
Der Bayerische Städtetag versucht, seine Mitglieder auch mit internetbasierter Kommunikation noch besser zu unterstützen – dieser Blog ist ein Beispiel dafür.
(Bernd Buckenhofer, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bayerischen Städtetags)