Digitale Baugenehmigung

Plotten, Falten und viele offene Fragen

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Die Zweckmäßigkeit des digitalen Wandels im bauaufsichtlichen Verfahren steht außer Frage. Besondere Bedeutung misst ihm die Politik im Kampf gegen die Wohnungsnot bei. Bereits im Rahmen des ersten Wohnungsgipfels 2018 hat der Freistaat das Pilotprojekt „Digitale Baugenehmigung” zur effektiveren Gestaltung des Baugenehmigungsverfahrens gestartet.

 

Die aktuelle Novelle der Bauordnung soll die notwendigen Voraussetzungen für die digitale Beschleunigung schaffen. Seit den Klagen der Bauwirtschaft über die Laufzeiten der Genehmigungsverfahren in der Corona-Pandemie beschwört die Politik die Digitalisierung auch zur Bewältigung des befürchteten Rückgangs der Bautätigkeit. Doch das Pilotprojekt des Freistaates zeigt: Es ist noch ein langer steiniger Weg zu beschreiten, bis die gewünschten Effekte zu erzielen sind. Die Frage ist nur: Wie?  Gerade das bauaufsichtliche Verfahren stellt wegen der Fülle an Verfahrensbeteiligten und wegen der Komplexität der Antragsunterlagen große Herausforderungen an die Digitalisierung. Diese Erkenntnis stellte sich in dem Pilotprojekt des Freistaats recht schnell ein. Der politische Wunsch einer vollständigen Verfahrensdigitalisierung schrumpfte zum Pilotprojekt „Digitaler Bauantrag”.

 

Laut Online-Zugangsgesetz (OZG) müssen bis Ende 2022 die Leistungen der unteren Bauaufsichtsbehörden online über ein Verwaltungsportal unter Verwendung eines einheitlichen Nutzerkontos beantragt werden können. In Bayern sollen Bauherren Ende 2020 mit ihrer BayernID über das Bayernportal eine Baugenehmigung oder einen Vorbescheid beantragen können – aber nur, wenn sie dies möchten. In knapp zwei Jahren ist ein erster Meilenstein erreicht: Im Rahmen des Pilotprojektes mit 15 Pilotlandratsämtern konnten die Grundlagen zur Umsetzung des OZG geschaffen werden. Hierfür musste ein inhaltlich anspruchsvolles Online-Formular aufgesetzt werden, das die zusätzliche Einreichung des Bauantrags in Papierform erübrigt. Dieser Verzicht macht verfahrensrechtliche Änderungen etwa bei der Einbindung von Nachbarn und der Gemeinde notwendig, die nun mit der aktuellen BayBO-Novelle ermöglicht werden sollen. Letztlich war eine Schnittstelle zu programmieren, über die der digitale Antrag in die unterschiedlichsten EDV-Programme der unteren Bauaufsicht eingespielt werden kann. Nun sind alle Bauaufsichtsbehörden in Bayern eingeladen, das Online-Angebot einzusetzen. Doch beschleunigt dies das Genehmigungsverfahren? Oder empfiehlt es sich für die untere Bauaufsicht, vorerst noch nicht am Vollzug der digitalen Neuregelungen mitzuwirken?

 

Das Bauministerium stellt unmissverständlich klar: Der Workflow ab Eingang des digitalen Bauantrags, seine finanzielle und technische Umsetzung bleibt den Unteren Bauaufsichtsbehörden überlassen. Nicht nur die Prüfung, Genehmigung und Zustellung eines Antrags in großen Dateiformaten, sondern auch die Beteiligung der vielen internen und externen Fachbehörden oder die gemeindliche Einbindung sind zu organisieren. Digital oder analog – in der Regel werden sich die Verwaltungen den Wünschen und technischen Möglichkeiten des Gegenübers anzupassen haben. Eine effiziente Verfahrensgestaltung müsste aber doch vermeiden, dass künftig in Rathäusern Stapel an Bauplänen auszuplotten und zu falten sind. Müsste nicht schleunig eine digitale Kollaborationsplattform entwickelt werden? Müsste nicht die Baugenehmigung digitalisiert werden? Wie wird der Sachaufwand der Digitalisierung finanziert? Soll die Digitalisierung des Baugenehmigungsverfahrens das Tagesgeschäft der unteren Bauaufsicht entlasten, sind zentrale Lösungen und Antworten gefragt. Die Notwendigkeiten einheitlicher technischer Lösungen sind weiter zu klären und der zusätzliche Sach- und Personalaufwand zu verifizieren. Aber bitte schnell und diesmal unter Beteiligung städtischer Bauaufsichtsbehörden.

 

 

 

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